TET Polen – Der Nordwesten
Krajnik Dolny – Zdbice – Krynica Morska 560 KM
Chojna – Zdbice – 260 km
Die Kilometer bis zur Grenze verfliegen schnell. Noch einen Kaffee und dann geht’s bei Krajnik Dolny über die Oder nach Polen. In Chojna beginnt das TET Abenteuer. Und was soll ich sagen. Es ist eine tolle Mischung aus kleinen Nebenstraßen zum Durchatmen und vielen Schotterpisten, Waldwegen und Kopfsteinpflaster, das kilometerweit durch die Wälder geht. Bei dem Traumwetter easy going – bei Regen würde ich mich wahrscheinlich nicht so darüber freuen. Mittlerweile fühle ich mich Offroad schon recht sicher und neige doch schon das eine oder andere Mal zum Übermut und komme driftend aus manchen Kurven. Wer sagts denn: Ungewissheit und Anspannung sind verflogen. Naja, in den Sandpassagen schwitze ich tatsächlich ganz anständig und bete, dass mich niemand sieht wie ich dahin-zapple…
Landschaftlich ist auch dieser Teil Polens echt traumhaft. Eigentlich ein wenig die Fortsetzung der Mecklenburgischen Seenplatte und so halte ich immer wieder an, um die Natur zu genießen. Auffallend ist auch die Freundlichkeit der Menschen, egal wo…aber dazu später noch mehr. Durchaus erschöpft, aber überglücklich schlage ich nach rund 260 Kilometern mein Zelt auf dem Camping 64 bei Zdbice an einem malerischen See auf. Nach der ersten selbst gekochten Mahlzeit auf dieser Tour, liege ich noch ein wenig am Bootssteg und halte die Angel ins Wasser.
Der Campingplatz ist ebenfalls recht einfach gehalten. Neben Dusche, WC und Spüle gibt’s eine kleinen Minimarkt, einen gesicherten Badebereich mit Steg und einen Bootsverleih. Aber alles ist TipTop sauber und von der Lage ist der Platz einfach toll.
Zdbice – Krynica Morska – 300 KM
Der nächste Morgen beginnt mit einer netten Überraschung. Die Nachbarin bringt mir frischen Kaffee, was ich gerne dankend annehme. So fällt das Zusammenpacken deutlich angenehmer aus. Es sind immer wieder so nette Gesten, die mir auf meiner Reise durch Polen begegnen und ich finde es jammerschade, dass ich kein polnisch spreche, um mit den Menschen mehr zu reden – englisch und deutsch geht meistens kaum.
Dann geht’s ins echte Sandabenteuer, denn heute sind tatsächlich sehr viele sandige Abschnitte dabei – die zum Teil für mich eine echte Herausforderung sind. Aber es wird besser. Aus dem Stadium der puren Sand-Panik bin ich raus und nähere mich über das Stadium des großen Respekts langsam dem „probier’s mal richtig“. Irgendwann kommt sicher noch das „es macht richtig Spaß“ Stadium, aber das wird noch ein wenig dauern. Die Schotter-, Wald- und Kopfsteinpisten sind mittlerweile ja auch keine große Sache mehr, also lass den Sand nur kommen. Wieder führt die Strecke durch wunderschöne Landschaften und zum einen oder anderen Highlight.
Nachdem ich noch zur Danziger Bucht möchte, verlasse ich den TET bei Czersk und fahre über Marienburg auf das Danziger Haff. Aber Überraschung. Ich hatte etwas wie die kurische Nehrung in Litauen im Kopf, als ich den Abstecher geplant habe. Was ich vorfinde erinnert eher an den Lido von Bibione. Das Haff ist eine Touristenhochburg und von Jahrmarkttrubel nicht weit weg. Ich finde trotzdem einen kleinen und ruhigen Campingplatz und gehe erst einmal Essen.
Mein Retter in der Not
Mittlerweile ist es schon fast halb zehn am Abend, als ich in die Straße zum Campingplatz einbiege und meine Sachen aus dem Motorradkoffer holen will – Schock: Die Koffer am Motorrad lassen sich nicht mehr öffnen. Wahrscheinlich hat ihnen der Staub und Sand so zugesetzt – nichts geht mehr. Direkt vor dem Campingplatz ist eine kleine Autowerkstatt – und: es brennt ein Licht in der Werkstatt (es ist 21.30 Uhr!!!). Ich gehe hinein, ernte einen erstaunten Blick und versuche auch „deutsch-englisch-handzeichen-sprache“ mein Problem mit dem Koffer zu schildern. Ich frage ob ich in der Früh damit kommen darf, aber der Chef besteht darauf es gleich anzusehen. Also hole ich die Multi. Er macht sich geduldig ans Werk, probiert, studiert, schmiert und lacht. Der Koffer geht tatsächlich wieder auf. Ich bin happy – er noch nicht. Wieder probiert er und nochmal und nochmal – mittlerweile ist es 22.30 Uhr abends … dann lacht er wieder. Das Schloss lässt sich mühelos öffnen und schließen. So, wer meint dass es das war – Irrtum: er sieht sich den zweiten Koffer an und schüttelt den Kopf “Viel zu fest“ … wieder schmiert und probiert er bis es spielerisch leicht geht. Echt der Hammer. Nein, der Hammer ist, dass er jetzt Stunden dafür geopfert hat, mir unglaublich viel Ärger gespart hat und dafür außer einem Händedruck absolut nichts annimmt. Das meine ich mit der auffallenden Hilfsbereitschaft, die mir hier überall begegnet – einfach unglaublich. Ich revanchiere mich am nächsten Tag zumindest mit einem Sixpack Bier für die Werkstatt.
Ein wenig Sightseeing in Krynica Morska
Ich gönne mir einen „Ruhetag“ und der beginnt schon gleich sportlich. Nur wenige Kilomater vom Campingplatz entfernt ist eine kleinere Düne mit Aussichtsplattform – mein erstes Ziel. In voller Motorradmontur mache ich mich zu Fuß auf den Weg und kann – da noch früh am Morgen – die Natur und den kleinen Rundweg bis zur Plattform praktisch allein genießen. Der Ausblick ist zwar durch die Bäume ringsum etwas eingeschränkt, aber man bekommt doch einen guten Eindruck von der Danziger Bucht auf der einen und die Nehrung auf der anderen Seite.
Eigentlich wollte ich dann mit dem Motorrad noch auf der Landzunge bis zur Grenze nach Kaliningrad fahren, aber da die Straße schon weit vor der Grenze endet und es hier keine Durchfahrt gibt, verwerfe ich den Plan und fahre stattdessen zum Leuchtturm im Ort. Die vielen Stufen nach oben belohnen mich mit einem schönen 360 Grad Blick auf das Meer und die Nehrung. Hungrig nach soviel Bewegung, gönne ich mir ein buntes Menü in dem Restaurant in dem ich gestern Abend schon gegessen habe und chille dann am Campingplatz.
Der Campingplatz „Janina Lew“ ist relativ einfach gehalten und verfügt nur über die Basisausstattung (und Zimmer, die jedoch ausgebucht waren). Von der Lage her wird der Platz aber am Ende des Jahres Top sein. Derzeit wird rings um das Camp ein Gehweg gebaut und dann ist das Areal praktisch direkt am Strand. Also definitiv ein guter Tipp für die Zukunft.